Der Lochrausch
Hausaufgabe der Nachtschule Mai 2002
Fach: Zamonistik
Aufgabe 72: Was verbirgt sich im Loch Loch?
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Entstehung, Aufstieg und Fall der Stadt Tiefloch


V or langer Zeit, lange bevor die ersten Unsichtbaren nach Zamonien kamen, lebten hier wie jeder aus der Schule weiß Riesenbolloggs. Den meisten Lesern wird einer dieser Riesenbolloggs bekannt sein, nämlich der, der seinen Kopf in die heiße Wand ablegte.

Zur selben Zeit gab es an Südrand der süßen Wüste, die damals genaugenommen noch keine Wüste war, sondern größtenteils ein riesiges Feld war, auf dem Zuckerrüben und Süßkartoffeln angebaut wurden, eine Stadt namens Amloch. Diese Stadt hatte ihren Namen von dem Fluß Loch (der Loch), der aus einem Loch in einem Berg nahe des Ortes Lochspring drei Täler weiter nördlich entsprang und sich wie eine Lebensader durch die Bergregion schlängelte. Das ganze Gebiet war durchzogen von Bergketten und Verwerfungen in der Erdoberfläche was ihm den Namen Riffl-Plateau einbrachte.
Wie gesagt, die größte Stadt und damit das kulturelle Zentrum dieser Gegend bildete die Stadt Amloch, die nicht auf Grund ihres Bergbaus und den damit verbundenen Montanerzeugnissen berühmt war, sondern auch wegweisend in der Milchverarbeitung war, da aus dieser Bergwelt der Bakterienstamm kommt, der für die Löcher im Käse zuständig ist.
Die Ereignisse, die zu der Zerstörung dieses Teils Zamoniens beigetragen haben, werden meistens nicht näher betrachtet und tauchen normalerweise nur als Nebensatz in der Erzählung über die Ablage des großen Kopfes auf, da sie sich zeitlich gesehen auch nur einen Schritt davor ereignet haben.

Es war ein sonniger Spätsommernachmittag. Ein Großteil der Bevölkerung des Riffl-Plateaus ging ihrem Tagwerk nach. Auf dem Land waren viele Männer in den Bergwerken, während sich die meisten Frauen um das Milchvieh kümmerte, das normalerweise in großen Volieren hinter dem Haus gehalten wurde. In der Stadt war wie immer ein reges Treiben zu beobachten, auf dem Marktplatz wurde die nächste Zuckerexpedition zusammengestellt, eine Gruppe Ochsenkarrentreiber mit ihren Ochsenkarren, die die Süßstoff enthaltenden Gewächse in die Berge holen sollte. Sie erhielten gerade von denn Zuckerbäckern und Lutscherdrehern letzte Anweisungen über die Mengen und Sorten, die sie holen sollten, als sich der Himmel von Osten verdunkelte. Die Männer schauten zum Himmel, doch anstatt der erwarteten Regenwolken, sahen eine große schwarze Scheibe mit 5 kleinen Scheiben an der Spitze über den Himmel gleiten.

ZEHEN!

Und wo Zehen sind, ist normalerweise ein Fuß dran.

Ein RIESENBOLLOGGFUß !!!


Anspannung machte sich auf dem Marktplatz breit. Die Händler schickten sofort Icha, der auf dem Platz Murmeln spielte, ins Rathaus um den städtischen Schrittologen zu benachrichtigen.
Der jedoch hatte schon Kunde von dem Fuß am Himmel bekommen und war längst in wichtige Beobachtungen und Berechnungen vertieft. Icha sah wie der Schrittologe Semnam durch sein Teleskop blickte, in Zetteln herumwühlte, Zahlen aufschrieb, den Himmel durch ein Fernglas beobachtete und andauernd murmelte. Mit einem Mal wurde Herr Semnam sehr hektisch.

„He Du!“ rief er Icha zu, „Lauf mal schnell runter und bring den Bürgermeister her!“
Er wußte, dass der Schrittologe der wichtigste Mann der ganzen Umgebung war, wenn ein Riesenfuß am Himmel zu sehen war, und deshalb machte er sich sofort ohne Widerworte auf den Weg.
Als er mit dem aufgeregten Bürgermeister zurückkam, schaute Herr Semnam unsicher und ängstlich von seinen Papieren auf.

„Ich... ich glaube fast...“ sagte er schwitzend und schluckte.
„Diesmal...“, er verzog das Gesicht.
„Ich glaub er trifft!“

Der Bürgermeister machte große Augen und Icha klappte der Mund auf.
„Sicher?“ fragte der Bürgermeister.
Der Wissenschaftler nickte. „Zu 90 Prozent!“
„Also gut.“ sagte der Bürgermeister, drehte sich um und eilte aus dem Dachzimmer.

Icha fühlte sich auch überflüssig und rannte zurück auf den Marktplatz, um den Händlern zu berichten und seine Belohnung zu erhalten. Nachdem der Lutscherdreher ihm 5 Lollis gegeben hatte, hörte man auch schon das tiefe Brummen der automatischen Dampfpfeife durch das Tal schallen, die die Gefahr bekannt gab.
Der Warnton war mehrere Dutzend Täler weit zu hören, so daß auch im kleinsten Dorf des Plateaus die Bewohner sich daran machten ihre Lieblingssachen in eine Tasche zu packen, die Möbel in den Keller zu bringen, die Kühe frei zu lassen, die nächsten Verwandten noch mal zu besuchen und sich etwa zwei Wochen später in die Hochebene von Dull in Sicherheit zu bringen.

Das einzig positive an einem sich senkenden Bolloggfuß ist, dass er sich sehr langsam senkt.

Einige der Bewohner von Amloch zogen den Loch herunter um eine neue Stadt nah um Meer zu erbauen. Es gibt nämlich eine Redensart, die besagt, dass Bolloggs nicht gern an der Küste entlang laufen. Ob darin genauso viel Wahrheit steckt wie in der Redensart mit den Birken und den Hexen, sei mal dahin gestellt. Die neu gegründete Stadt wurde im Gedenken an die Alte Loch2 genannt, und im Laufe der Jahrhunderte in Zweiloch umbenannt.

Der Bolloggfuß senkte sich unaufhörlich und trat nach und nach jedes Haus, jeden Baum, jedes Schild, jedes Denkmal und auch jede Mauer auf dem Plateau platt. Doch damit nicht genug, es schien der schwerste und größte Bollogg zu sein, der jemals diesen Teil Zamoniens durchwanderte. Der Fuß drang dreimal so tief in das Erdreich ein wie die Berge hoch waren und schuf so die Tiefebene von Dull, die manchmal auch Amlochtal oder das Loch von Amloch oder Loch Loch genannt wurde.
Als der Fuß sich wieder gehoben hatte und die Tiefebene freigab, war von dem, was vorher das Riffl-Plateau ausmachte, nur noch die Quelle des Loch übrig geblieben. Sie trat jetzt allerdings nicht mehr an einem Berghang aus, sondern 50 Meter unterhalb des Randes. Das war so weit von dem neuen Talboden entfernt, das man von unten die Quelle gar nicht sehen konnte. Noch nicht einmal ein Wasserfall kam am Grunde des Loches an, nur ein stetiger Nieselregen.

Die Menschen, die aus der Hochebene von Dull zurückkamen, waren auf Grund des Ausmaßes der Zerstörung entsetzt und nicht wenige von Ihnen zogen ebenfalls zur ehemaligen Mündung des Loch.
Es gab aber immer noch genügend ehemalige Bewohner des Plateaus, die nicht weggehen wollten. Diese gründeten in der Mitte des Loches die Stadt Tiefloch.

Die Steilwände des Loches waren ein wahres Gemälde der Natur. In ihnen konnte man schon vom Marktplatz von Tiefloch aus die verschiedensten Edelmetalllagerstädten sehen. Es gab mehrere Schichten von Goldadern, feine Silberbänke, dicke, schwarze Kohleflöze und sogar vereinzelt Anhäufungen von Edelsteinen, die bei gutem Wetter in der Sonne funkelten.
Das sprach sich natürlich schnell in Zamonien herum. Und so kam es, dass vom ganzen Kontinent Daseinsformen nach Tiefloch kamen um dort ihr Glück im Schürfen zu suchen.

Es begann eine Zeit großen Wohlstandes in Tiefloch, die als „Lochrausch“ ihren Eingang in die Geschichtsbücher gefunden hat.
Wie gesagt, die Stadt blühte auf, wuchs und es erfreute alle, das sich durch den ständigen Regen aus der Lochquelle ein See in der Mitte der Stadt bildete. So war es auch nicht weiter schlimm, dass dadurch erst der Stadtpark und dann der Marktplatz überschwemmt wurde, es wurden einfach zwei neue Parks und zwei neue Marktplätze an gegenüberliegenden Ufern des Sees gebaut.
Da der See nur sehr langsam größer wurde, dauerte es sehr lange, bis der gesamte Talboden mit Wasser bedeckt war. Die Bewohner Tieflochs fanden sich jeweils mit dem Anwachsen des Sees ab und, wenn das alte Gebäude Teil des Sees wurde, bauten Sie neue Häuser am jeweiligen Rand des Sees. So kam es, dass Tiefloch immer größer und ringförmiger und mit jedem neuen Stadtring größer wurde. Nachdem der gesamte Boden vom See verschlungen wurde, begann die Stadt langsam an den Steilwänden heraufzuwachsen.

Es dauerte noch viele Generationen bis der Loch das Loch soweit gefüllt hatte, dass die ersten Häuser die Ausläufer der Berge berührten, die vor langer, langer Zeit mal die Grenze des Riffl-Plateaus bildeten.

Dadurch dass die Bodenschätze nun unterhalb der Wasseroberfläche lagen und somit schwieriger abzubauen waren, verließen viele der Tieflocher die Gegend und zogen in andere Teile Zamoniens, hauptsächlich in eine aufstrebende Stadt an der westlichen Küste namens Atlantis. Die einstige Metropole Tiefloch jedoch war durch ihre Größe und die weiten Wege so ineffektiv, dass beschlossen wurde aus den 4 Stadtteilen West, Ost, Quell und Abfluß eigenständige Dörfer zu gründen.

In den so entstandenen Dörfern Westloch, Ostloch, Lochquell und Seijer leben heut zu Tage allerdings nur noch eine Hand voll Einwohner. Seijer ist das einzige Dorf, in dem noch ab und zu Bodenschätze in dem im Abfluß von Loch Loch eingebauten Sieb zu finden sind. Ansonsten haben sich diese Dörfer in ein beschauliches Gebirgsleben zurückgezogen.

Zusammengefasst verbergen sich im Loch Loch also: ein Fußabdruck eines Bolloggs, die Trümmer von Amloch, Lochspring und einem halben Dutzend anderer kleiner Dörfer, mehrere konzentrische Siedlungskreise Tieflochs und die Quelle des Loch. Ob sich diese Sachen in Loch Loch absichtlich verbergen oder nur befinden, kann ich nicht entscheiden und möchte hier auf die berühmte Stadt- und Dorfpsychologin Dr. Sinda Rinfind verweisen.



Quellen:
  • “Chronik der Stadt Amloch”, Stadtarchiv Zweiloch
  • “Chronik der Stadt Tiefloch”, Stadtarchiv Zweiloch
  • “Chronik der Stadt Zweiloch”, Stadtarchiv Zweiloch
24.05.02
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